Flache Flundern im Netz – CeBIT in Hannover,
Ohne Tastatur, aber mit Touch-Screen: Web-Pads sind an der Computer-Messe CeBIT der neuste Trend. Auch ein Schweizer mischt mit.
Dem Personal-Computer geht es an den Kragen – knapp zwanzig Jahre nachdem ihm IBM mit seinem ersten PC-Modell zum Durchbruch verhalf. Auf der CeBIT in Hannover, der weltgrössten Computer-Messe, werden die Nachfolger präsentiert: so genannte Web-Pads – kleine Computer mit nur wenigen Tasten im Gehäuse eines Flachbildschirms.
Zurück zum Notwendigsten, lautet der Werberuf, mit dem die Hersteller das neue Produkt anpreisen. Ein lokales Funknetz ersetzt das Telefonkabel, aufladbare Akkus erübrigen das Stromkabel. Kein minutenlanges Hochfahren von monströsen Software-Paketen, der Internet-Zugang soll funktionieren wie ein Funktelefon: einschalten und loslegen.
Fast jeder namhafte Konzern hat ein Projekt in Arbeit. Die Prognosen sind euphorisch: «Im kommenden Jahr wird noch die Hälfte aller Internet-Zugriffe über herkömmliche PCs erfolgen», mutmasst Christoph von Gamm, Sprecher der Forschungsabteilung von IBM Deutschland. Andere Firmen sehen den Trend etwas weniger dramatisch und prognostizieren für Europa 100 000 verkaufte Web-Pads noch in diesem Jahr und eine halbe Million 2001. Der Durchbruch mit 1,2 Millionen verkauften Exemplaren soll 2002 kommen.
Die Pads sind so gebaut, dass auch Computer-Laien sich intuitiv zurecht finden. Die Maus wird durch die Finger ersetzt, mit denen man Links auf dem Bildschirm anklicken kann. Statt einer sperrigen Tastatur ist eine Handschriften-Erkennung eingebaut; zusätzlich kann der Sensor-Bildschirm in eine Tastatur verwandelt werden. Den Funkkontakt zur Basisstation sichert ein modifizierter DECT-Standard, ähnlich wie bei Funktelefonen. Im Umkreis von 150 Metern lässt sich so drahtlos surfen.
Letztlich entscheidet der Preis über den Erfolg der Web-Pads: «Der Markt will ein Gerät für unter 1000 Franken», sagt Christoph Wittlinger, Produkte-Manager bei Siemens Schweiz AG, «und das streben wir an.» Bis heute seien jedoch die Kosten für Flachbildschirme zu hoch. Das werde sich erst 2001 ändern, wenn in Taiwan neue Display-Fabriken ihre Produktion aufnehmen.
Um möglichst früh günstige Preise zu erreichen, plant Siemens zwei Varianten des auf der CeBIT präsentierten Simpads: Zum einen ein preiswertes Heim-gerät, das schon nach zwei bis drei Stunden an der Basisstation aufgeladen werden muss. Das für Kleingeräte entwickelte Betriebssystem Windows CE von Microsoft soll die Hardware-Anforderungen gering halten: 16 bis 32 MB Speicher reicht für das Betriebssystem und den Browser. Ausgewachsene Büro-Software läuft auf diesem Pad nicht. Dafür ist der Internet-Zugang schneller als beim PC. Hängt die Basisstation an einer ISDN-Leitung, ist man nach fünf bis zehn Sekunden im Netz.
Das Siemens-Modell für Geschäftsleute soll stärkere Akkus und eine Anbindung ans Mobilfunknetz enthalten. Schon jetzt erlaubt die Bündelung mehrerer Sprachkanäle einen flotten, aber teuren Internet-Zugang. Ab kommendem Jahr soll ein neuer Mobilfunk-Standard namens GPRS mit Festnetz-Geschwindigkeiten gleichziehen. Ab 2000 Franken wird die grenzenlose Internet-Freiheit kosten.
IBM plant, sein Web-Pad über einen ähnlichen Trick zu verbilligen, wie er bei Handys angewendet wird: «Wir wollen unser Gerät zusammen mit Internet-Providern verkaufen», sagt IBM-Sprecher von Gamm. In Verbindung mit einem Vertrag kann das Web-Pad vielleicht schon dieses Jahr für «einige hundert» Franken gekauft werden.
Auch Konkurrenten wie Samsung, Qubit und RS Cordless Technology setzen auf günstige Einsteigergeräte. Die Web-Pads der schwedischen Firma RS Cordless Technology sollen Mitte des Jahres in Europa auf den Markt kommen und zwischen 800 und 1700 Franken kosten. Alle diese Pads arbeiten mit kleinem Betriebssystem und einem Internet-Browser des US-Herstellers QNX. Herkömmliche Programme laufen nicht.
Den umgekehrten Weg geht die Schweizer Firma Monec, Mobile Network Computing AG, in Lohn. Ihr Web-Pad namens Voyager ist kein aufgemotztes elektronisches Notizbuch, sondern ein verkleinerter Laptop, der zugleich als Mobiltelefon und Digitalkamera funktioniert. Wegen des Speicher fressenden Betriebssystems Windows 98 ist eine Festplatte eingebaut. «Tastatur, Drucker oder Maus werden wir mit dem Bluetooth-Funknetz ansteuern», sagt Theodor Heutschi, der Monec 1999 gegründet hat. Der Zugang zum Internet erfolgt anfänglich über Mobilfunk.
In Zukunft sollen Satelliten die Verbindung herstellen – wenn die Übertragungsraten grösser sind. Die Spitzentechnik hat ihren Preis: 4000 bis 5000 Franken werden Traditionalisten zahlen, die im Web-Pad einen richtigen PC haben wollen. Auch Monec plant Verträge mit Internet-Anbietern, die den Voyager billiger machen.