Zukunft in Sicht

Zukunft in Sicht

Dünner, kleiner, schneller: Heimkino und mobiler Sound machen mehr Spass – und kosten erst noch weniger.

Wir zielen auf die Generation Y, die 13- bis 25-Jährigen.» Chin Daeje, Chefingenieur des südkoreanischen Elektronikkonzerns Samsung, glaubt zu wissen, wer die am besten zahlenden Kunden im nächsten Jahrzehnt sind, und hat die Produktepalette des Konzerns konsequent auf die «Digital Kids» ausgerichtet.

«Yepp» heisst ein Hitprodukt aus dem Labor von Chin. Das ist Samsungs ultrakompakter MP3-Spieler, die digitale und miniaturisierte Weiterentwicklung des Walkmans, mit dem vom Internet heruntergeladene Musik in 3-D-Audio-Qualität gehört werden kann. Der «Netman» passt in die Brusttasche und spielt 60 Minuten störungsfrei Musik, die in einem 64-MB-Flash-Speicherchip geladen ist. Der Koreaner Yepp bringt die vorwiegend japanische Konkurrenz in Verlegenheit, weil er mehr bietet als ihre Produkte. Und das zum halben Preis.

Mit Yepp ist Samsung in die Spitzenliga der Unterhaltungselektronik vorgestossen. Ein Beweis, dass südkoreanische Konzerne im digitalen Zeitalter traditionelle Unternehmen wie Sony, Matsushita und Philips in der heiss umkämpften Branche zum Zittern bringt. «Kleiner, leichter und leistungsfähiger – dazu pfiffig im Design. So müssen die Produkte für die mobile Unterhaltung daherkommen», sagt Chefingenieur Chin.

Er redet wie Akio Morita, der Sony-Mitbegründer, der vor 20 Jahren die Welt mit dem ersten Walkman überraschte und das Zeitalter der mobilen Unterhaltung eingeläutete.

Damals galt der 450 Gramm schwere Spieler als Leichtgewicht, heute genügen 40 Gramm für die gleiche Leistung. Die Kapazität der MP3-Spieler wird bis Ende Jahr von derzeit 60 Minuten Spielzeit auf sechs Stunden steigen, prognostiziert der grösste japanische Elektronikkonzern Matsushita. Im Januar stellte der Konzern an der grössten Messe für Unterhaltungselektronik in Las Vegas einen MP3-Spieler im Format einer Armbanduhr vor, der Mitte dieses Jahres auf dem Heimmarkt lanciert wird.

Die Miniaturisierung der mobilen Audiogeräte machen immer leistungsfähigere Speicherchips und neue Software für die Kompression von Daten möglich. Im Chipbereich führt Samsung Electronics ebenfalls die Weltspitze an. In diesen Tagen beginnt der Konzern mit der Massenproduktion des leistungsfähigsten Speicherchips überhaupt, dem 288-MB-Rambus-Dram-Chip, der Daten mit einer Geschwindigkeit von 800 Megahertz pro Sekunde verarbeiten kann. Eingebaut in einen MP3-Spieler erlaubt ein solcher Chip künftig acht Stunden Musikgenuss und kann direkt in Kopfhörer eingebaut werden. Die Tage des japanischen Walkmans sind gezählt, jetzt kommt der koreanische Netman.

Schrittmacher für die Neukreationen in der Unterhaltungselektronik bleibt die stürmische Entwicklung des Internets. Längst ist klar, dass nicht mit dem PC, sondern nur mit bedienungsfreundlicher Heim- und Mobilelektronik die ganze Fülle des Internetangebotes einer breiten Konsumentenschicht näher gebracht werden kann. «Ein Mausklick weiter» wird schon bald zum Schimpfwort für den veralteten Gebrauch des neuen Mediums. Im Musikbereich gehen die MP3-Spieler als Pioniere voraus.

Im mobilen Zugang zu Informationen werden internettaugliche Handys die Führungsrolle übernehmen. Bald fünf Millionen Japaner surfen per Handy im Netz, nachdem vor einem Jahr NTT DoCoMo mit «i-mode» den Handyzugriff ins Web einführte. In der Schweiz beginnen wir mit dem vergleichbaren WAP-Service am 21. Februar.

Ausser Filmen, die sich eine Hand voll gut ausgerüsteter Fans auch schon mit ultraleichten DVD-Geräten und Bildschirmbrille mobil anschauen, bleiben nur noch das Buch und die Zeitung als traditionelle Medien. Hört man sich in den Entwicklungslabors der asiatischen Elektronikgiganten um, ist dies nur noch eine Frage der Zeit. Das elektronische Buch gibt es zwar schon, ist aber unhandlich. «Bald wird man Druckerzeugnisse auf faltbaren, ultradünnen Bildschirmen lesen können», erklärt Samsung-Ingenieur Chin Daeje.

Samsung hat auf dem Weg zu den Zukunftsvisionen schon ein paar Erfolge vorzuweisen. In der Flachbildschirm-Technologie gehört der südkoreanische Konzern neben Sharp und Matsushita zu den Pionieren. Beim neuesten Modell FLCD TV, einem hoch auflösenden Flachbild-Digital-TV, stimmt auch das Verhältnis Preis/Leistung. Der Bildschirm mit einer Diagonale von 52 Zoll (150 cm) kostet rund 10 000 Franken und ist damit etwa 60 Prozent günstiger als vergleichbare Modelle der Konkurrenz. Da der FLCD-TV von Samsung auf einer speziellen LCD-Technik basiert, wird das Bild mit 2,76 Millionen Pixeln doppelt so hell und klar wie auf einem Standard-LCD-Bildschirm projiziert. Mit rund dreissig Kilo Gewicht ist der Bildschirm halb so schwer wie herkömmliche Fernseher und kann an die Wand gehängt werden. Kopfzerbrechen bereitet den Ingenieuren nur die Dicke von über 10 Zentimeter, die durch diese Technik notwendig ist.

Weiter gedacht hat eine Forschergruppe in einem Jointventure von Sanyo und Eastman Kodak. Sie haben den Prototyp eines papierdünnen farbigen Bildschirms entwickelt, der ab 2001 in Mobiltelefonen, Digitalkameras und Notepads verwendet werden soll. Der Oeld-Aktivbildschirm ist die Vorstufe zum «Tapetenbildschirm» der Zukunft, der an die Wand geklebt, tagsüber ein Tapetenmuster projiziert und abends zur Leinwand für das Heimkinovergnügen wird. Ausser Sanyo verfolgen Sharp, Sony, Matsushita, Samsung und Philips ähnlichen Projekte, die in drei bis fünf Jahren marktreif werden.

Wer nicht nur zu Hause, sondern mobil Film und TV schauen will, kann die Bildschirmbrille mit einem ultraleichten DVD-Gerät benutzen. In diesem Feld bleiben die Japaner die Weltmeister. Mit Olympus’ Eye-Trek und Sonys Glasstron sind zwei Bildschirmbrillen auf dem Markt, die das mobile Kino zum Vergnügen machen. Sony setzt auf die leichte und handliche Brille mit dem jüngsten Modell Glasstron PLM-A35. Sie wiegt nur noch 80 Gramm und kann wie eine Sonnenbrille aufgesetzt werden. Das Seherlebnis entspricht demjenigen eines Grossbildschirms. Praktisch ist die Brille für die mobile Arbeit am Computer, weil sie an den Videoausgang jedes PC und Mac angeschlossen werden kann.

Olympus geht mit einer neuen Generation des Eye-Trek in Richtung Internet- und TV-Empfang. Aber der mobile Kino- und Fernsehspass bleibt teuer. Sony verkauft in Japan die neue Glasstron-Brille für umgerechnet 600 Franken. Für den Eye-Trek von Olympus mit Fernsehempfang müssen japanische Kunden ab April mehr als 1000 Franken hinblättern.

Während im mobilen Unterhaltungssektor die Wegrichtung klar vorgegeben ist, hat ein Wettrennen um die Kerntechnologien im Heimunterhaltungsmarkt begonnen. Ausser den Bildschirmen und leistungsfähigen Speichereinheiten braucht es einen Heimserver, der die digitalisierten Unterhaltungsangebote aus dem Internet richtig verteilt. In diesem Feld hat Sony derzeit die Nase vorn mit der bevorstehenden Einführung der Videospielkonsole Playstation II (PS2). Sie kommt am 4. März in Japan und Ende Jahr in Europa in den Verkauf.
Die PS2 wird in Branchenkreisen als der Vorläufer eines «Heimterminals» betrachtet, da auf dem DVD-Laufwerk Videospiele, Filme und Musik abgespielt werden können und ein Anschluss für Kabel-TV und Internet vorgesehen ist. Hart auf den Fersen von Sony folgt Matsushita, die mit dem Nintendo die nächste Spielkonsole Dolphin entwickelt. Sie wird mit ähnlichen Features wie die PS2 daherkommen, nur leistungsfähiger.

Samsungs Chin weiss um diese Schlüsseltechnologie. «Die notwendigen Kerntechnologien, wie Halbleiterchips und Speicherelemente für grosse Datenmengen, besitzen wir», sagt Chin. Nur weiss er noch nicht, mit welcher Plattform Samsung am besten gegen die populären japanischen Videospiele antreten soll.

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