Herzbube in Nöten

Herzbube

Kunstmaler Jérôme Rudin ist Dauergast in der Regenbogenpresse. Jetzt sorgt er für handfeste Schlagzeilen: als angeblicher Plagiator.

Jérôme Rudin versteht die Welt nicht mehr. Der 25-jährige Kunstmaler gilt als Top-Shot der Westschweizer Szene und sorgt trotzdem für Negativ-Schlagzeilen. Die Westschweizer Zeitung «24 Heures» wirft ihm in grosser Aufmachung vor, zwei seiner Bilder seien Plagiate. Tatsächlich weisen Rudins Bildserie «Vasen» verblüffende Parallelen mit der Reihe «Gläser» von Olivier Saudan auf.
Der Beschuldigte Rudin ist nicht irgendein Künstler. Er machte sich ein Ruf als Schätzchen des internationalen Jetsets und Dauergast in der französischen Regenbogenpresse. Zu seinem engeren Bekanntenkreis zählen die Schauspielerinnen Ursula Andress und Gina Lollobrigida, die Jetset-Diva Ivana Trump, die Schriftstellerin Françoise Sagan und seine Durchlaucht Prinz Albert von Monaco.
Rudin kennt den Wert seines sozialen Umfelds. «Man kritisiert meine Arbeit, meint aber meinen ungewöhnlichen Lebenswandel», sagt er. «Für Leute mit kleingeistigem Denken sind Menschen wie ich eine Bedrohung. Ich lebe meine Träume aus, das stört.»
Rudin ist sich wegen des angeblichen Plagiats keiner Schuld bewusst. Er kenne zwar den Namen des Malers Saudan, dessen Bilder angeblich jedoch nicht. Die offensichtlichen Übereinstimmungen bestreitet Rudin nicht. «Das kann vorkommen.» In Paris würden mindestens vierzig Maler dasselbe Thema variieren. «Da ist es sogar wahrscheinlich, dass sich zwei Bilder gleichen», sagt Rudin.
Mit dem makellosen Beau zeigen sich die Glamourösen gerne. Anfang Dezember genoss Rudin an der Seite der persischen Ex-Kaiserin Soraya eine kleine, exquisite Party im Pariser Szenelokal «Les Bains Douches». Grund dafür war die besondere künstlerische Anerkennung, die Rudin soeben zuteil wurde. Als einziger Schweizer durfte er in der renommierten Ausstellung «Grands et Jeunes d’Aujourd’hui» eines seiner Werke zeigen. Rund 400 Künstler aus allen Teilen der Erde nahmen daran teil. Doch keiner konnte nur annähernd auf so viele prominente Bewunderer zählen wie Rudin. Der Mann ist ein Ausnahmetalent. Zumindest was seine Fähigkeit betrifft, wichtige Leute für sich einzunehmen.
Rudins Pinselkunst entzückt die Schönen und Reichen. In Monaco eröffnete Prinz Albert seine Vernissage, in Rom beehrte Gina Lollobrigida Rundins Ausstellung, und in Miami rauschte Ivana Trump im eigens gecharterten Helikopter für Rudin an. Die französische Schriftstellerin Françoise Sagan schrieb das Vorwort für seinen Katalog, und mit Ursula Andress verbindet ihn eine innige Freundschaft: «Ein talentierter Maler, ich besitze zwei Bilder von ihm», attestierte Ursi National.
Jérôme Rudin stammt aus einfachen Verhältnissen. Er wuchs zusammen mit einem Bruder in Pully bei Lausanne auf. Sein Vater ist pensionierter Bauzeichner, seine Mutter lief in jungen Jahren als Mannequin für Pierre Cardin über den Laufsteg. Von ihr hat er seinen Hang zum Glamour geerbt. Eine Ausbildung als kaufmännischer Angestellter brach Rudin mit 18 Jahren ab, um sich ganz der Malerei zu widmen. Er erkannte sein Talent schon früh. «Meine Eltern haben mich nicht unterstützt. Aber sie gaben mir ein gutes inneres Gleichgewicht mit», sagt er. Und ein unverschämt gutes Aussehen, das Rudin mit dezentem Charme und tadellosen Manieren bereichert. Eine Kombination, von der reife, gut aussehende Frauen anscheinend nicht genug bekommen können. Doch Rudin wiegelt ab, sein Kunstsinn ist ihm wichtiger: «Mein Äusseres ist eher hinderlich. Die Leute schauen mehr auf mein Gesicht als auf meine Bilder.»
Er hat es zum Lieblingsmaler der Schickeria gebracht, ohne je eine Kunstschule besucht zu haben. «Ich bin hartnäckig und zögere nicht, einflussreiche Leute direkt anzurufen», sagt Rudin. Die Masche aus Charme und Unverfrorenheit zieht. Sein Erfolgsbarometer zeigt weiterhin steil nach oben. Ausstellungen in Belgien, New York und Miami sind in Vorbereitung. Im Januar erscheint ein Buch über Leben und Werk des Künstlers Rudin. «Sa Peinture se livre» besteht aus Fotos und Bildern des Strahlemanns sowie Texten, die Fraçoise Sagan für ihn verfasste. «Das Buch gibt eine Übersicht über mein Schaffen. Damit kann ich mich besser bei renommierten Galeristen präsentieren», sagt Rudin, ganz Geschäftsmann.
Einen Teil der Herstellungskosten trägt er grosszügigerweise selber. «Ich setze meine bescheidenen Mittel nutzbringend ein», erklärt Rudin. Zum Beispiel indem er Ex-Kaiserin Soraya, den französischen Schlagersänger Jean-Luc Lahaie und den italienischen Lebemann Massimo Gargia zum Dinner im «Les Bain Douches» einlädt. «Das sind alles hoch geschätzte Leute, die meine Karriere seit längerem begleiten und denen ich eine Freude machen wollte», sagt Rudin.
Soraya hatte an diesem Abend allerdings wenig Freude an ihrem Protegé. Nach ein paar freundlichen Worten drehte ihr Rudin den Rücken zu und plauderte angeregt mit einer jungen Dame der Society. Der verschmähten Ex-Regentin blieb nichts anderes übrig, als sich einem alternden Playboy zuzuwenden und tapfer in die Kameras der französischen Paparazzi zu lächeln.
Diese Leute, durchwegs im reiferen Alter, sonnen sich in seiner Jugend. «Jugend bedeutet Zukunft», sagt Rudin mit seinem Hang zum Philosophischen, «daran wollen alle teilhaben. Wir stehen vor dem Jahrtausendwechsel und haben das Recht auf ein bisschen Ausgelassenheit und Freude am Leben.»
Seine Lebensfreude lässt sich Rudin trotz Plagiat-Vorwürfen in seiner Heimat nicht vermiesen. Wie so mancher Grosse in der Vergangenheit sieht er sich als
verkanntes Genie in der klein karierten Schweiz. «Die Angriffe sind voller Häme und gipfeln im Vorwurf, ich sei zu berühmt für mein Alter. So was nehme ich nicht ernst», sagt Rudin. Er überlegt sich, ob er der engen Lausanner Welt den Rücken kehren und nach Paris oder London übersiedeln soll. Sollte es Rudin damit ernst sein, muss sich die Königin von England in Acht nehmen. Auf die Frage der welschen Zeitschrift «Illustré», wen er gerne verführen würde, antwortete Rudin letzten Sommer: «Die Queen. Ich liebe Herausforderungen.»

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