Bush Zensur-Truppen

Bush Zensur-Truppen

Die US-Regierung versucht, die Berichterstattung über ihren «Krieg gegen den Terrorismus» zu steuern: Informationen werden zurückgehalten, Journalisten behindert.

Mit einem Hauch Wehmut erinnern sich erprobte Journalisten wie Patrick J. Sloyan an den Vietnamkrieg. Schlimm wars, anstrengend und riskant. Doch leicht zum Recherchieren. Zugang gabs fast überall für Schreiber und Fotografen, auf Militärbasen, im Schützengraben und an der Kampffront. «Dafür hatte man immer Ärger miteinander», sagt Sloyan.
Für US-Präsident Lyndon B. Johnson waren die couragierten Rechercheure im Feld ein Graus, «Hurensöhne» nannte er sie. Schlecht auf Medienleute waren auch die Generäle zu sprechen: Amerikas Niederlage, lautet die Lebenslüge, gründete in der offenen Berichterstattung, die die Heimfront unterminierte.

Das soll nie mehr passieren. Auch nicht im «Krieg gegen den Terrorismus», den George W. Bush ausgerufen hat. Informationen zurückhalten, Berichterstattung steuern, eifrige Journalisten im Zaum halten, heisst deshalb die Maxime. «Es ist frustrierend, der Informationsfluss ist zusammengebrochen», klagt «Time»-Militärspezialist Mark Thompson.
Zugang zu Air-Force-Basen gibts nur noch, wenn Berichte vor Erscheinen der Zensur vorgelegt werden. Auf Flugzeugträgern in der Golfregion filmen und über den Zustand der Truppe berichten, wie dies im Golfkrieg noch möglich war, gilt nun als wenig hilfreich und ist deshalb untersagt. Während die US-Militärs mit gezieltem Säbelrasseln Saddam Hussein und Slobodan Milosevic noch zu beeindrucken glaubten, will man die Taliban über Einsatzorte und Waffentypen total im Dunkeln lassen.

«Das ist Krieg, bei dem es auf jedes Häppchen Information ankommt», erklärt ein Planungsoffizier die bislang nie gekannte Geheimhaltung. Das Taliban-Regime hat das Problem auf seine Art gelöst. Die letzten Medienleute sind vor ein paar Wochen aus dem Land gejagt worden. Wer sich dennoch über die Grenze wagt, wird eingekerkert. Das erlebte eine britische Korrespondentin, die illegal einreiste und nun der Spionage angeklagt ist. Darauf steht die Todesstrafe.
Für die Amerikaner, die daran gewöhnt sind, selbst intime Vorgänge aus dem Oval Office zu erfahren, ist das restriktive Medienmanagement des Pentagons ungewöhnlich – und bedarf der Erläuterung. Hinter den Kulissen erklärt Bush-Sprecher Ari Fleischer den wichtigsten Medien des Landes die neue Politik der Verschwiegenheit. «Die Leute müssen mehr denn je aufpassen, was sie sagen und was sie tun», meint er. Staatsgeheimnis ist seit dem 11. September beispielsweise der Tagesablauf des Präsidenten und des Kabinetts. Der Fernsehsender CNN klärt derweilen sein Publikum in regelmässigen Abständen auf: «Wir verbreiten keine Informationen, die Leben aufs Spiel setzen könnten.»

Ob und wie viele Stosstrupps bereits in Afghanistan waren oder sind, gilt unter dem neuen Regime als geheim. Bereits bei der Invasion in Panama 1989 und im Golfkrieg 1991 wurden die in Vietnam gelernten Lektionen durchgesetzt – von Dick Cheney. Damals war er Verteidigungsminister, nun ist er Vizepräsident.

Gemäss seiner Weisung durften Reporter während Desert Storm nur unter Aufsicht von Militärpersonal Interviews mit Soldaten führen. Wichen jene vom vorgegebenen Drehbuch ab, wurde der Film konfisziert. Unabhängige Recherchen in Stellungen oder freie Truppenbesuche während des kurzen Bodenkriegs waren untersagt. In klimatisierten Bussen wurden die akkreditierten Journalisten zu den Truppen gefahren, nach der Besichtigung gings stracks zurück ins Hotel. Zensur unter dem Titel der Sicherheit.

70 Journalisten, die damals von der Umsorgung wenig hielten und auf eigene Faust loszogen, wurden weggewiesen, einer in Handschellen. «Time»-Chefredaktor Henry Muller schrieb in einem Brief an Cheney von «inakzeptabler Zensur». Der «New York Times»-Reporter Malcolm W. Browne meinte, man hätte aus ihm einen unbezahlten Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums machen wollen. Cheneys Antwort: «Wir müssen die Beziehung mit den Medien so gestalten, dass uns daraus keinen Schaden entsteht.»

Tief beeindruckt haben ihn die Briten im Falkland-Krieg. Kaum je hatte die Öffentlichkeit Bilder von Gefechten zu Gesicht bekommen. Und der Fernsehjournalist Brian Hanrahan von der BBC hatte gewissermassen das Monopol der Berichterstattung, weil er als einziger auf einem Flugzeugträger mitgenommen wurde. Das ist fast der mediale Idealfall für Militärs: der unsichtbare Krieg. Wenn dennoch Bilder verlangt werden, dann sollen sie gefälligst von der eigenen Überlegenheit künden.
Im Golfkrieg lautete die Botschaft: Hightech-Eingriffe durch Smart Bombs, die zentimetergenau leere Gebäude und militärische Stellungen ansteuerten. Nach dem Krieg sickerte freilich durch, dass bloss 8,8 Prozent der abgeworfenen Bomben lasergesteuert waren. Die Mehrheit der 84’200 Tonnen Bomben, die auf Kuwait und den Irak niederregneten, waren hingegen konventioneller Art, ohne Präzisionssteuerung.

Dass selbst Hightech mitunter wenig wirksam ist, zeigte sich im Kosovo-Krieg gegen Jugoslawien. Trotz wochenlangem Bombardement waren bloss zwei Dutzend serbische Panzer zerstört worden. Das fanden Journalisten heraus, allerdings viel später, als die Luftangriffe längst eingestellt waren.

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