Staat und Internet

Staat und Internet

Dem Zauberwort Internet kommt heute die Bedeutung eines Symbols zu, das für die rasche Entwicklung der Technik steht. Das Internet hat auch in der Politik und im Staatswesen Einzug gehalten, etwa indem amtliche Informationen, Pressemitteilungen, Gesetzestexte oder Gerichtsurteile online abrufbar sind. Der Bund arbeitet derzeit an zwei Projekten zum Ausbau des elektronischen Behördenverkehrs. Zum einen soll ein virtueller Amtsschalter (Guichet virtuel) für Informationen und Transaktionen mit Beteiligung der Kantone und Gemeinden geschaffen werden, zum andern die Stimmabgabe bei Abstimmungen und Wahlen auch über das Internet möglich sein (E-Voting). Diese und weitere Bestrebungen werden unter dem Stichwort Electronic Government (kurz E-Government) zusammengefasst. Damit verbunden ist eine Fülle von technischen, politischen und juristischen Fragen.

Das zu besprechende Buch ist aus dem «ersten Schweizer E-Government-Symposium» vom August vergangenen Jahres hervorgegangen. Es versteht sich als Standortbestimmung und versammelt Tagungsbeiträge von Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft unterschiedlicher Disziplinen: Ökonomie, Recht und Verwaltung, Datenschutz, geistiges Eigentum, Ingenieurwesen und Wirtschaftsinformatik. Die Themenkreise umfassen die Grundlagen des E-Government, Aspekte der Informationsgesellschaft, der Organisation und des Rechts sowie Beispiele aus der Praxis.

Zunächst werden die Begriffe und der Stand der Forschung wiedergegeben. E-Government meint in einem weiten Sinn die Gestaltung der Rahmenbedingungen der Informationsgesellschaft. In einem engeren Sinn bedeutet E-Government die Organisationsform des Staates für Interaktionen mit Hilfe moderner Technologie, sei es innerhalb der staatlichen Stellen oder im Verhältnis zwischen Staat und Privaten. Weitere Beiträge stecken das Feld für die Einführung und den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im Gemeinwesen ab und weisen auf die fundamentale Bedeutung von Sicherheit und Vertrauen hin. Dies könne unter anderem mit der digitalen Signatur erreicht werden, einer Art elektronischem Ausweis, der dieIdentifizierung der beteiligten Personen sicherstellt; zwei entsprechende Gesetzesentwürfe des Bundes sind Mitte Januar in die Vernehmlassung gegeben worden.

Unter dem Stichwort Informationsgesellschaft werden die verschiedenen Rollen des Staates im virtuellen Raum aufgezeigt. Einerseits obliegt ihm durch die Schaffung eines rechtlichen Rahmens die Mitgestaltung des Internets, der Schutz der Privatsphäre und sensibler Daten, anderseits tritt er selber als Akteur im Internet auf. Bei der Analyse der organisatorischen Aspekte wird die Prognose gewagt, dass sich der Wandel der Verwaltung hin zu grösserer Prozess- und Kundenorientierung unter dem Einfluss des E-Government beschleunigen werde. Die Frage, ob die Webprojekte der Verwaltung an externe Dienstleisterzu übertragen seien, wird differenziert beantwortet; die Verwaltung müsse in jedem Fall zusätzliche Kapazitäten aufbauen.

Eine ganze Reihe von konkreten Beispielen rundet den Band ab. Praktisches Anschauungsmaterial für das E-Government bieten bereits die Webauftritte der Gemeinden oder Erfahrungen mit der elektronischen Steuererklärung und Stimmabgabe (Pilotprojekte in St. Gallen). Ein Beitrag stellt das Projekt des Guichet virtuel vor, der unter einem einheitlichen Portal den Benutzerinnen und Benutzern den Einstieg in die Verwaltung erleichtern soll, indem er sie über Suchbegriffe wie «Ausweispapiere» oder «Wohnungswechsel» zur richtigen Stelle leitet.

Die Publikation versammelt eine Anzahl von interessanten Beiträgen zum Status Quo und zu den Entwicklungsperspektiven des E-Government, das in den Augen der Autorinnen und Autoren eine Herausforderung für die Verwaltung darstellt. Der Tenor der Beiträge ist optimistisch und von einer Aufbruchstimmung geprägt. Deutlich ist die Nähe zu Idee und Terminologie desNew Public Management erkennbar. Die Anreicherung des Textes mit zahlreichen Abbildungenund Tabellen sorgt für eine anschauliche und flüssige Lektüre. Gewisse Schwierigkeiten in sprachlicher Hinsicht mag der Leserschaft neben den zahlreichen (unvermeidbaren) Fachausdrücken der (vermeidbare) Jargon bereiten.

Die behandelten Themen decken eine beachtliche Breite ab. Wo so viele Beiträge in einer Publikation versammelt sind, ist es aber fast unausweichlich, dass es zu Lücken und Überschneidungen kommt. Einerseits werden einige Fragen, die eine vertiefte Reflexion verdienten, nur gestreift, etwa jene nach den gesellschaftlichen und staatspolitischen Folgen der neuen Technologien, nach den Rückwirkungen auf Verfahren und Institutionen. Und: Wie ist die Chancengleichheit der Menschen in Bezug auf das Internet zu konkretisieren? Andererseits wird beispielsweise der Begriff E-Government nicht weniger als fünfmal definiert, wobei die Definitionen nicht einheitlich sind. Eine stärkere inhaltliche Abstimmung der Beiträge wäre hilfreich gewesen.

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