Larry Flynt – Dirty Larry
Verfemt, verteufelt – und bewundert. Porno-Verleger Larry Flynt bereut nichts.
–: Larry Flynt, Sie wurden durch Ihr Pornoblatt «Hustler» zum Multimillionär, zur Film-Figur, aber auch zum Opfer eines Attentats, das Sie querschnittgelähmt hat. Bereuen Sie, dass Ihr Leben so verlaufen ist?
Larry Flynt: Nein, darüber bin ich hinaus. Ich bereue nichts.
–: Auch nicht Ihre Prozessflut? Sie wurden mehrfach wegen Verbreitung von Obszönitäten und Verleumdung verurteilt …
Flynt: … und meistens in zweiter Instanz wieder freigesprochen. Aber ich bin auch ins Gefängnis gegangen, weil ich immer fürs Recht auf freie Meinungsäusserung gekämpft habe.
–: Braucht es Sie zur Rettung der Meinungsfreiheit?
Flynt: Eine «New York Times» oder eine «Washington Post» müssen diesen Kampf nicht führen, weil sie nie gegen den Strom schwimmen, aber ein «Hustler» muss das. Denn er vertritt eine Minderheit, die sich eine andere Sichtweise der Sexualität erlaubt.
–: Mit der Minderheit haben Sie auch einen Haufen Geld verdient. Um was geht es Ihnen denn jetzt noch?
Flynt: Darum, dass Sexualverhalten und sexuelle Vorlieben endlich Privatsache werden. Jahrhundertelang hat die Kirche ihre Hand auf unsere Schwänze gehalten, die meisten Regierungen der Welt tun das heute noch.
–: So krass ist das in den Industriestaaten auch nicht mehr.
Flynt: In den USA wurde die Moral in letzter Zeit wieder zum Thema. Die christliche Rechte lanciert jede Menge einschlägiger Bücher. Ich habe nichts dagegen, dass diese Leute die moralischen Werte in ihrer eigenen Familie pflegen, aber sie sollen ihre Werte nicht meiner Familie aufzwingen. Jeder muss frei entscheiden können, ob er den «Hustler» kaufen will oder nicht. Jeder hat ein Recht auf Pornografie.
–: Was versteht Larry Flynt unter Pornografie?
Flynt: Pornografie ist nichts anderes als die Darstellung von Geschlechtsteilen und sexuellen Handlungen. Die Menschheit praktiziert das seit Jahrtausenden. Aber in den USA wird Pornografie mit Obszönität gleichgesetzt, dabei ist Obszönität etwas völlig Subjektives. Deshalb hat auch kein Richter das Recht, mich zu verurteilen. Pornos wird es immer geben, sie sind so alt wie die Menschheit. Genauso wie die Prostitution.
–: Stimmt nicht. Die heutigen Pornos sind ein ebenso neues wie lukratives Marktphänomen. Sie boomen mit der massenmedialen Verbreitung.
Flynt: Pornografische Höhlenmalereien hat es schon in der Urgeschichte gegeben. Früher hatten nur die Reichen Zugang zur Pornografie, heute können sich auch Arme solche Magazine, Bücher und Videos kaufen. Dazu haben wir beigetragen, und das ist ein Verdienst.
–: Heute regen Ihre pinkfarbenen Fleischbilder kaum noch auf. Ist es nicht so, dass der «Hustler» überholt ist?
Flynt: Nein. Sondern so, dass die Menschen liberaler geworden sind. Dafür gibt es zwei Anzeichen: Zum einen sind heute dreissig Prozent der «Hustler»-Leserschaft weiblich – vor 25 Jahren waren es nur drei Prozent. Das beweist, dass die Frauen in ihrem Sexualverhalten freier geworden sind. Zum anderen hat der Fall Monica Lewinsky gezeigt, dass die Leute genug haben von den moralisierenden Heuchlern. Drei von vier Amerikanern haben ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton abgelehnt.
–:Sie selbst wollten einst für die Republikaner fürs Präsidentenamt kandidieren. Während der Lewinsky-Affäre boten Sie aber dem Demokraten Bill Clinton Schützenhilfe. Warum?
Flynt: Das war ja keine politische Kampagne. Wir riefen über Inserate in Washington Frauen dazu auf, uns aussereheliche Beziehungen von Repräsentanten und Senatoren zu melden. Es ging uns darum, die verlogene Heuchelei der Ankläger des Präsidenten aufzudecken. Das ist uns in einigen Fällen gelungen …
–: … dank dem Angebot, für einschlägige Informationen bis zu einer
Million Dollar zu zahlen.
Flynt: Na und? Jeder kauft heute Informationen mit dem Scheckbuch, auch die traditionellen Medien. Aber die geben es nicht zu. Sie haben uns wegen unseres grosszügigen Angebots angegriffen. Was andere heimlich tun, machen wir offen.
–: Sexhefte werden stark durchs Porno-Angebot im Internet attackiert. Wie reagieren Sie?
Flynt: Gedruckte Hefte und das Internet sind zwei unterschiedliche Märkte,
wir sind auf beiden präsent. «Hustler» hat schon seit fünf Jahren eine eigene Website. Auch wenn es immer Magazine geben wird, liegt die Zukunft im Web. Wer einen «Hustler» kaufen will, muss zuerst in ein Geschäft laufen und dabei möglicherweise eine Hemmschwelle überwinden. Mit dem PC holt man sich das Magazin einfach auf den Schirm. So erleichtert die Technologie den Zugang zur Pornografie.
–: Sie erleichtert auch das Geschäft mit dem Kindsmissbrauch.
Flynt: Damit haben wir nichts zu tun. Wir machen nur Pornografie mit Erwachsenen.
–: Und jetzt suchen Sie in Europa neue Märkte dafür?
Flynt: Wir sind schon in den meisten europäischen Märkten präsent. Neu ist allerdings, dass wir den «Hustler» nun auch in Frankreich und Italien einführen wollen. Unser wichtigster Markt bleiben aber die USA. Dort lancieren wir ständig neue Titel, inzwischen sind es 24. Wir haben unter anderem ein Magazin für Fetischisten, eins für Hardcore-Fans oder eins für die Liebhaber von Riesen-Busen.