Gérald Marie: «Das ist eine Intrige»
Der Europa-Chef der Model-Agentur Elite, Gérald Marie, soll junge Models missbraucht haben. Er wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe.
-: Gérald Marie, eine BBC-Reportage hat die Model-Welt als Sündenbabel enttarnt und Sie als zwielichtige Figur geoutet.
Gérald Marie: Ich habe den Eindruck, dass man mir eine Falle gestellt hat. Oder können Sie mir eine Szene zeigen, die mich im Zusammenhang mit Drogen, Gewalt oder einer unzüchtigen Handlung bringt? Nein, weil es keine gegeben hat! Die Passagen des Films, in denen ein Mannequin Kokain schnupft und mit «Kunden» in Nachtklubs herumhängt, betreffen zudem nicht die Agentur Elite.
-: Einem Mädchen haben Sie in einem Nachtklub vor laufender Kamera Geld für Sex angeboten.
Marie: Dieser für mich «delikateste» Moment spielte sich um drei Uhr früh in
einem Cabaret in Mailand ab, wo auch Prostituierte verkehren. Okay, ich habe einige Wodkas zu viel getrunken und einem Mädchen 600 Franken geboten, damit sie mit mir schläft. Doch sie war kein Mannequin, sondern eine getarnte Reporterin. Pech für den BBC-Filmer, der darauf gewartet hat, dass ich mich an einem Lolita-Model vergreife.
-: In den ersten Szenen des Reports sieht man eine Hand, die Kokain-Linien vorbereitet. Dazu wird ein Porträt von Ihnen eingeblendet: ein Elite-Boss als mafiöser Drogen-Dealer?
Marie: Das ist eine abscheuliche Unterstellung. Die Szene spielte sich in einem Zimmer in Mailand ab, in dem sich ein so genannter PR, ein bezahlter Aufreisser, der Teenie-Models in Nachtklubs lotst, Kokain-Linien präpariert. Mein Bild erscheint vor und nach der Szene: Die Absicht der Einblendung ist klar. Ich war jedoch nie in diesem Zimmer, und ich kenne auch keine PRs persönlich.
-: Dabei arbeiten Agenturen wie Elite doch mit PRs Hand in Hand?
Marie: Das stimmt so nicht. Diese Aufreisser werden von den Klubs angeheuert, um die Models auszuführen und dann in die Klubs zu locken. Das ist ein italienisches System und hat mit Elite nichts zu tun.
-: Nach dem Finale des Elite-Model-Look-Wettbewerbs in Nizza haben Sie einem BBC-Reporter einen heissen Abend mit den fünfzehn Finalistinnen auf einer Jacht versprochen.
Marie: Das war eine Prahlerei unter Männern. Die Wahrheit ist, dass wir nie auf das Boot gegangen sind. Wir sind an diesem Abend nicht einmal mit den Mädchen Essen gegangen. Ausserdem hätte es sich der Typ wohl kaum nehmen lassen, diesen heissen Abend zu filmen, wenn er je stattgefunden hätte.
-: Ihre Exverlobte Christine Davi bezeichnet das Model-Milieu im Film als unseriös und erzählt, Sie hätten sie als junges Model angemacht, als sie noch bei Elite arbeitete.
Marie: Sehen Sie, ich habe Christine vor zwanzig Jahren kennen gelernt. Sie war damals 17, ich 29 Jahre alt. Wir haben drei Jahre lang zusammengelebt, bis ich mich in Linda Evangelista verliebte, die ich später auch geheiratet habe. Christine will eine alte Rechnung begleichen.
-: Ihre Tochter Cookie ist heute 17 Jahre alt, misst 1 Meter 80 und ist eine ausgesprochene Schönheit. Soll sie eine Model-Karriere starten?
Marie: Das will sie gar nicht. Trotzdem: Ich kenne eine Menge Mädchen, denen es im Model-Geschäft blendend geht. Sie stehen täglich früh auf, erscheinen pünktlich zu den Rendezvous in der Agentur und meiden Nachtklubs, Alkohol sowie Kokain. Aber wie in jedem Milieu gibt es Mädchen, die abstürzen. Elite betreut Hunderte Models – und die können wir nicht Tag und Nacht überwachen.
-: Ihre Models sind teilweise 16, 17 Jahre alt. Fühlen Sie sich als Vater-Figur?
Marie: Ich kümmere mich nicht persönlich um die Models, sondern um ihre Verträge und Karrieren. Ich schwöre Ihnen, dass ich nicht mit Mannequins ausgehe. Ich liebe Frauen, langweile mich aber mit jungen Mädchen. Natürlich haben wir ein Auge auf die jungen Mannequins: Sie wohnen in Zweierzimmern in einer Villa im 16. Arrondissement von Paris, wo eine Madame aufpasst, dass sie vor Mitternacht nach Hause kommen. Wer zweimal über Nacht wegbleibt, der fliegt.
-: Das ist Ihnen beinahe selber passiert. Wie fühlen Sie sich nach diesem Skandal?
Marie: Ich habe nun fast ein Zuhälter-Image. Dabei sieht man mich keinen Moment mit Drogen dealen oder wie ich Mädchenhandel betreiben würde. Gegen dieses verfälschte Bild wehre ich mich. Das alles ist eine Intrige gegen mich.